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Design muss berühren

Räume, die Botschaften vermitteln, Design, das berührt, Raum-Kunst, die Poesie enthält – die Arbeiten des Ateliers Andrea Gassner sind international gesehen und mehrfach ausgezeichnet.

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In ihrer Gestaltungsarbeit reagiert die Vorarlberger Designerin einfühlsam – und doch sehr individuell – auf die Charakteristika der zu präsentierenden Inhalte. »Ich wünsche mir, einen Wert vermitteln zu können, kein formales Resultat.« Für kommenden Juli ist Andrea Gassner von Jumping He, einem bekannten Berliner Designer, nach Hangzhou eingeladen, um beim Workshop »Design Summer 2023« Studierenden einen Einblick in ihr persönliches Design-Verständnis zu geben. »Als Designerin zu arbeiten, bedeutet für mich, den Blick auf die eigene ­Persönlichkeit zu schärfen, sich selbst und seine Stärken zu kennen, stets kritisch zu ­hinterfragen. Gute Gestaltung trägt die Antworten in die Öffentlichkeit.« Die aktuell laufende ­szenografische Bespielung des Henry-Dunant-Museums im schweizerischen Heiden bietet dem Atelier Andrea Gassner erneut Gelegenheit, über die intensive Auseinandersetzung mit einem Thema den komplexen Sinn von Inhalten an die Oberfläche zu bringen, um »schlussendlich zu einer Schönheit zu gelangen, die formal und tief spürbar ist«. Das Museum ist das einzige weltweit, das Leben und Wirken von Henry Dunant, dem ersten Friedensnobelpreisträger und Begründer des Internationalen Roten Kreuzes und der Genfer Konventionen, umkreist. »Die räumliche Gestaltung ermöglicht es uns, komplexe Inhalte wirksam zu vermitteln.

PICS Luca Ferrario // Ausstellung »Roger Boltshauser RESPONSE« in der »Galerie d’Architecture« in Paris, 2023.


Das Atelier arbeitet an rein grafischen Projekten genauso erfolgreich wie im öffentlichen Raum, in der dreidimensionalen Gestaltung oder für künstlerische Interventionen. »Wenn Grafik räumlich wird, bekommt sie für mich eine neue, erweiterte Bedeutung. Die Möglichkeiten der Darstellung sind vielschichtiger, interdisziplinär.« Erst jüngst gab es weitere internationale Auszeichnungen: Silber beim »IIID Award23« für die Signaletik der Landwirtschaftsschulen Vorarlberg. Für die Gestaltung und Szenografie der Ausstellung »RESPONSE« des Schweizer Architekten Roger Boltshauser in Paris wurde das Atelier Andrea Gassner bei den »European Design Awards 2023« ausgezeichnet. »Zu Beginn einer solchen Arbeit ist es für mich wichtig, den Raum zu spüren und zu sehen. Ich möchte ­dessen Botschaften und Inhalte lesbar übersetzen – sichtbar machen und wirksam gestalten.

PICS Cornelia Hefel // »Licht-Kreuz-Skulptur« vor dem Antoniushaus in Feldkirch, 2023 || kurt hörbst // »Woodpassage – vom Baum zum Haus« in Bozen, Silvius-Magnago-Platz, Juni 2023.

Dabei bedeutet wirksam für mich nicht nur schönes Design, sondern dass die Gestaltung nachhaltig in Erinnerung bleibt und die Menschen berührt.« Dies ist auch mit der Licht-Kreuz-Skulptur für das Antoniushaus in Feldkirch, seit über 120 Jahren ein Ort der Kreuzschwestern, abermals gelungen.

Ich verstehe den Raum als Bühne, in dem Inhalte interdisziplinär inszeniert werden können.

Andrea Gassner


Immer auf der Suche nach neuen Antworten auf die Frage, wie uns gutes Design berühren kann, bearbeitet das Atelier Andrea Gassner in der Signaletik derzeit einen spannenden Ansatz. Die Haptik – im Produktdesign Pflicht – scheint dort Stiefkind zu sein. Doch für die Gestalterin sind visuelle Leitsysteme mehr als Markierungen, mehr als pure Verortung im Raum. Es gibt auch eine intuitive Orientierung, die auf einer emotionalen Ebene wirkt. Dies wird bei Orientierungssystemen oft unterschätzt oder sogar ignoriert, so Andrea Gassner. In einem laufenden Projekt zur Bedeutung der Signaletik in Pflegeeinrichtungen für ältere Menschen mit Demenz und Sehbehinderung wird in enger Zusammenarbeit mit den Architekten Cukrowicz Nachbaur die Wirkung und Bedeutung von Sinnesreizen zur Orientierung im Raum thematisiert: Was bleibt, wenn Sehen, Hören und Erkennen schwinden? Ziel ist es, ein neues Leitsystem zu entwickeln, das den Tastsinn ansprechen soll. »Meine Vision ist es, verstärkt in Verbindung mit Architektur und Kunst zu gestalten.«

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